Vientiane

Händler, die Farben und Pinsel verkaufen, haben heute Hochkonjunktur. Am Vortag des Nationalfeiertages werden schleunigst die weißen Mauern vor den Ministerien und öffentlichen Gebäuden getüncht. Neben der Landesflagge wehen in rot Hammer und Sichel im Fahrtwind der vorbeifahrenden Autos und unzählige Fähnchen in Farben die an grelle Netzstrumpfhosen aus den 1980er Jahren erinnern, tun es ihr gleich. Die Gehwege vor den französischen Kolonialhäusern sind zugeparkt mit Pickups und Limousinen derer, die nicht genug Streifen oder Sterne am Hemdkragen tragen, als dass ihnen ein Parkplatz innerhalb der Ministerienmauern zustände. Vientiane und die Partei rufen ihre Beamte aus den Provinzen um ihre Errungenschaften für das Land zu feiern. Dabei sind die wirtschaftlichen Fortschritte sowie ein Großteil der Infrastruktur des Landes vor allem auf eine Abkehr von sozialistischen Prinzipien vor zwanzig Jahren zurückzuführen. Das „Neue Denken“ setzte zu dem Zeitpunkt ein, als in den sozialistischen Bruderstaaten in Europa bereits der Zerfall begonnen hatte. Willkommen in Vientiane.
Die Busfahrt von Vang Vieng war mit vier Stunden in einem relativ komfortablen Bus fast langweilig. Busfahren als solches ist in Laos ansonsten immer abenteuerlich. Reisedauer und Abfahrtszeiten sind Angaben aus einer anderen Welt und Reifenpannen oder Motorschäden sind schon fast laotisches Kulturgut für sich. Auf der Busfahrt zuvor von Luang Prabang war es erst ein Erdrutsch und dann der streikende Motor der die Fahrtzeit um Stunden verlängert hat. Die gilt es hier als schicksalhaft zu akzeptieren und die Laoten tun dies mit erstaunlicher Gelassenheit. Hinter dem bedeutungsvoll klingenden Nationalmuseum von Vientiane, verrottet ein alter Bücherbus, eine japanische Spende, fast wie ein Symbol für zweierlei Dinge in diesem Land. Zum Einen für die Kräfteverschiebung in Asien hin zu China mit seiner Wirtschaftsmacht und überall zu bewundernden Entwicklungshilfe, zum Anderen aber auch für eine fehlende Buchkultur in Laos. Das laotische Projekt Bigbrothermouse hat es sich zur Aufgabe gemacht Bücher auf Laotisch und Englisch in die Dörfer und deren Schulen zu bringen. Bücher haben hier keine Tradition und Lesen ist keine sonderlich angesehene Beschäftigung. Religiöse Texte wurden seit jeher immer in Palmblätter geritzt und mit Holzkohle sicht- und haltbar gemacht. Derartige sind auch im Nationalmuseum zu bewundern, wie allerlei kolonialgeschichtliche Verbrechen an den Laoten, durch die „imperialistischen Amerikaner und deren Marionetten“ verstümmelte Kinder und natürlich die Segnungen der Partei und deren Soldaten die lachend bei der Feldarbeit helfen. Darüber hinaus natürlich Waffen, Werkzeuge und Drogen der schlechten Elemente in der laotischen Gesellschaft. Natürlich kein Wort über sozialistische Umerziehungslager. Draußen an den Ufern des Mekong erhebt sich die übergroße Statue von Chao Anounvong, dem letzten Königs von Vientiane. Mit partnerschaftlich ausgestreckter Hand aber auch mit sichtbarem Schwert blickt er in Richtung des siamesischen Nachbarn. Nicht ohne Brisanz und nationalistische Symbolkraft, schließlich wurde der, der sich gegen die Siamesen auflehnte, 1826 mit seiner Familie in Bangkok zu Tode gefoltert. Am anderen Ende der Stadt erhebt sich schlicht und golden der That Luang, der „ehrwürdige Stupa“, Nationalsymbol und bedeutendstes religiöses Monument mit nicht minder bewegter bewegter Vergangenheit. Es gibt eben neben längst verstorbenen Königen vor allem viel religiöses, auf das die Laoten zu Recht stolz sein können.

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