Bromo

„Nirvana Tours“ steht auf dem Hemd des Fahrers, der lautstark mit seinem Mobiltelefon diskutiert, während der Bus im Gegenverkehr auf den nächsten LKW zurast. Der Weg zum Nirvana ist bekanntlich lang und steinig, ebenso wie die Fahrt von Yogyakarta zum Bromo Tengger Nationalpark. Nach elf Stunden Qual für alle Beteiligten, verabschiedet sich der Keilriemen des Minibusses aus dem Diesseits und tritt in eine andere Daseinsform über.Gleiches gilt für den erleuchten Reisenden, aus dem kurzerhand wieder ein Wartender in der Dunkelheit wird. Da wir bereits kurz vom Ziel sind, bringt uns ein Jeep die letzten steilen Kilometer zum Übernachtungstop am Rand des Tengger Kraters. Ein schnelles Abendessen und eine kurze Nacht beginnt für mich unter dicken Wolldecken, bevor ich wenige Stunden später bereits zum Aussichtspunkt aufbrechen muss. Der Bromo ragt aus dem morgendlichen Nebel, der noch über dem schwarzen Sandmeer liegt, das den Vulkan umgibt. Diese Landschaft entstand einst durch die gewaltige Explosion des Tengger Vulkans, von dessen Kraterrand ich heute den Sonnenaufgang beobachte. Im Laufe der Zeit sind inmitten der riesigen Tengger-Caldera fünf neue Vulkankegel, unter anderem der 2400 m hohe Bromo mit seinen zerfurchten Flanken. Der dampft heute früh friedlich vor sich hin, während der etwa 3700 m hohe Semeru im Hintergrund gelegentlich Aschewolken ausstößt. Vor diesem hohen Berg wirken die nahen Vulkane im Sandmeer fast zierlich.Indonesien ist das Land mit den meisten Vulkanen der Welt. Von über dreihundert aktiven Vulkanen gelten über ein Drittel als akut ausbruchgefährdet. Nirgendwo sonst können so viele verschiedene vulkanische Aktivitäten beobachtet werden. Der Semeru kommt praktisch nie zur Ruhe und eine Besteigung gilt als sehr riskant, weshalb ich mich dagegen entschieden habe. Der Bromo ist zuletzt 2010 und 2011 ausgebrochen. Dabei kam auch der spirituelle Wächter des Berges in seinem Tempel ums Leben. Das lange Zeit isolierte Bergvolk der Tengger hat sich entgegen der Islamisierung seine hinduistische Tradition seit Jahrhunderten bewahrt und der Vulkan mit seinen fruchtbaren Hängen ist seit jeher Lebensgrundlage und fester Bestandteil ihrer Glaubensvorstellungen. So kann jeden Morgen beobachtet werden, wie Menschen am Kraterrand beten und Opfergaben zur Besänftigung in den rauchenden Schlot werfen.
Zur Hauptsaison ist der Vulkan praktisch überlaufen von Touristen, der Zugang ist einfach und Jeeps und Pferde bieten einfache Transportmöglichkeiten zwischen den Aussichtspunkten. Somit hat sich auch das Leben der Menschen geändert, die heute vielfach als Touristenführer ihren Lebensunterhalt verdienen. Kleine aber sehr stabile und bunte Häuser entlang der steilen Zufahrtsstraße zeugen davon, dass die Menschen hier mehr zum Leben haben als nur das Nötigste. Dennoch sieht man noch viele Bauern, die traditionell die steilen Hänge auf schwierige Weise bewirtschaften und allerlei Getreide und Gemüse anbauen.
Nachdem der Morgennebel sich verflüchtigt hat, geht für mich die Reise weiter nach Osten zum Ijen-Merapi-Maelang Reservat um einen ganz besonderen Vulkan aufzusuchen.

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