Orange

Ein oranges Band zieht sich durch die Straßen von Luang Prabang. Die Nebelschwaden des Mekong liegen noch über der Stadt, die ersten Sonnenstrahlen dringen noch nicht hindurch. Barfuß verlassen die Mönche im Morgengrauen das Kloster für eine stille Zeremonie, den täglichen Almosengang „dag bat. Diese Essensgabe zählt zu den wichtigsten Pflichten eines gläubigen Buddhisten aber wird keineswegs als Pflicht empfunden. Diie Annahme der Gaben durch die Mönche wird als große Ehre empfunden und Verdienste für die nächste Widergeburt sind ihnen gewiss. Andächtig und würdevoll schreiten die Mönche dabei hintereinander durch die Gassen. Die Gläubigen haben sich auf Bambusmatten, Stühlen oder flachen Schemeln am Straßenrand positioniert und halten Reis und Obst bereit, um sie den vorbeiziehenden Mönchen zu geben. Dabei ist darauf zu achten, dass eine Frau keinesfalls einen Mönch berühren darf. Die Gabe erfolgt daher stets berührungslos und entweder in die mitgeführte Umhängetasche oder eine große mitgeführte Schale mit Decken. An den Straßenecken sitzen auch Kinder, demütig in Gebetshaltung mit Körben vor sich, in die einige der Mönche einen Teil der gespendeten Gaben zurückgeben, was vermutlich einer Segnung, zumindest aber einer großen Ehre gleichkommt. Die Stille in der all dies abläuft, lässt einen fast Scham empfinden, beim Auslösegeräusch der eigenen Kamera. Doch zu verlockend sind die Bilder dieser beeindruckenden Zeremonie. Die Ruhe und Langsamkeit hier in Luang Prabang zu verinnerlichen, wird mich bestimmt noch einen Tag kosten. Zu stark ist der Kontrast zum quirligen Siem Reap und soviel leiser ist das Auftreten der Laoten im Vergleich zu den Khmer. Die Arbeit und fortlaufende Projekte zu vergessen, ist mir in den letzten Tagen in Kambodscha noch nicht gelungen, wer jedoch in Laos ein Problem mit einem zu hohen Ruhepuls hat, sollte dringend einen Kardiologen aufsuchen. Es geht alles sehr gemächlich zu. Ein freundliches sabaai-dii als Begrüßung schlägt einem hier zudem überall entgegen. Nach meiner Ankunft am gestrigen Abend habe ich mich in der Dunkelheit als erstes auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht. Die Preisklasse muss nun, da ich notgedrungen alleine reise, eine Nummer kleiner ausfallen, was in Luang Prabang zur Hauptreisezeit allerdings nicht ganz so einfach ist. Ich habe allerdings Glück, für die erste Nacht werden nur 100.000 Kip, etwa neun Euro fällig. Der Mekong ist zwar nicht in Sichtweite, wie bei den hübschen hölzernen Boutique-Hotels aber nur eine Minute zu Fuß entfernt. Der Verkehr hier ist nicht wirklich erwähnenswert, große Busse sind aus dem Weltkulturerbe verbannt und bis auf das eine oder andere Boot auf dem Mekong und seinen Zuflüssen ist es erstaunlich ruhig für Asien. Selbst der allabendliche Nachtmarkt der Lao und Hmong auf den Straßen der Stadt hat fast einen besinnlichen und vollkommen unaufdringlichen Charakter. Das älteste der über dreißig Klöster, Vat Xieng Thong, stammt aus dem 16. Jahrhundert und repräsentiert den typischen Architekturstil Luang Prabangs mit seinem gestaffelten spitzen und bis weit nach unten gezogenem Dach. Die Laoten beschreiben dies passender Weise als „eine Glucke die auf ihren Küken sitzt“. Ein wunderbar besonnener Ort am frühen Morgen, wenn die Touristen noch nicht da sind und man in Ruhe die Stille hier genießen kann. Und so lasse ich mich heute planlos durch die alte Königstadt treiben und versuche mich langsam auf das Lebensgefühl der Menschen einzustellen.

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