Nachdem ich mein Transportproblem für die kommenden Tage in Ostjava gelöst habe fahre ich mit dem Becak zum Sultanspalast, dem Kraton. Eine Stadt, mitten in der Stadt, von dicken weißen Mauern umgeben und nur teilweise zu besichtigen, da der greise Sultan hier noch immer mit seinem Hofstaat lebt. Über die Jahrhunderte hat sich in der Sultansfamilie allerlei Kitsch angehäuft. Pavillions aus den Niederlanden, Vasen auch China, Barockspiegel aus Frankreich, Marmor aus Italien und das übliche Porzellan-Zeugs. Nett anzusehen. Punkt.
Interessanter, dagegen sind natürlich die Geschichten die meine Führerin zu berichten weiß, z.B. über das schwere Erdbeben 2005 und die eingestürzten Palastteile. Oder über das Ende der Thronfolge, da der neunte Sultan nur fünf Töchter hat mit seiner (einzigen) Frau. Sein Vater dagegen hatte noch fünfzig Frauen, die ihm immerhin achtzig Kinder schenkten.
Mein Becakfahrer kommt mir nach dem Palastbesuch schon entgegen. Ein Vorteil, dass so wenig Touristen in der Stadt sind, ist zwar, dass die Preise gut verhandelbar sind, leider sind Händler und Becakfahrer dafür auch sehr anhänglich.
Mit dem Motorrad lasse ich mich zu einem der Busterminals vor der Stadt bringen um mit einem öffentlichen Bus ins 45km entfernte Borobodur zu fahren. Der Plan ist, die Nacht im einzigen Hotel auf dem archäologischen Gelände zu verbringen (der Investor war damals wohl entweder schneller als die UNESCO oder korruptionserfahrener) um den Sonnenaufgang im Tempel zu erleben. Leider hat sich für den nächsten Morgen die Prinzessin und der Premierminister, so dass daraus nichts werden soll. Allerdings ist schon der Nachmittag auf dem Tempelberg und die Abendstimmung mehr als beeindruckend. Zehntausend Arbeiter sollen rund einhundert Jahre für den quadratischen Bau benötigt haben.
Die drei Ebenen symbolisieren die Dreiteilung des irdischen Lebens im Mahayana-Buddhismus in das alltägliche Dasein, die vergeistigte Form des Daseins und die vollständige Loslösung von der diesseitigen Welt. Jeder der zahlreichen Besucher muss seine Hüften vor dem Aufstieg mit einem Sarong umwickeln. Unzählige Buddhafiguren in kleinen Stupas blicken in alle Himmelsrichtungen über Reisfelder, Palmenhaine und zum Menoreh Gebirge.
Fast tausend Jahre war dieses Bauwerk unter der Asche des Merapi-Vulkans begraben, bevor es Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wiederentdeckt wurde. Üppige Figuren und Reliefs aus verschiedenen Gesteinsarten bieten unzählige Fotomotive.
Als westlicher Besucher muss man allerdings damit rechnen, selbst zum gefragten Fotoobjekt zu werden. Gerade Schulgruppen schleichen schüchtern um einen herum, bis sich jemand traut, höflich nach einem Foto zu fragen. Wenn man dann mit einem ja antwortet gibt es kein Halten mehr und es stürzen unzählige Jungen oder Mädchen auf einen herein, die alle auf das Foto wollen und danach nochmal jeder einzeln mit dem eigenen Handy ein Foto mit dem Deutschen für den Schulhof oder fürs Facebook Profil. Ich weiß nicht auf wieviel hundert Fotos dieser Art ich in den beiden Tagen gekommen bin und wie viele Hände ich geschüttelt habe. Viele der Schüler, aber auch ganze Familien, die ein Foto wollen,kommen aus entfernteren Landesteilen, in die sich nur selten Europäer verirren. Dementsprechend unsicher wird man dann auch angesprochen und ein kleines Lächeln wird mit vielen strahlenden Gesichtern beantwortet.
Nach soviel Lachen ist der Ärger über den Prinzessinnenbesuch dann auch fast verflogen.
Den Sonnenaufgang schaue ich mir von einem nahegelegenen Aussichtspunkt an. Ein philippinischer Sänger, der sich selbst ein wenig für eine Prinzessin hält, und ein japanischer Elektroingenieur im Dauerstress zwischen Fotografieren und Morgengymnastik, sind am Morgen auch dort und auf dem Rückweg zum Hotel kommen wir ins Gespräch. Die Wartezeit bis der Tempel wieder freigegeben ist, wird mit den beiden ausgesprochen unterhaltsam. Bis es soweit ist probiere ich mein neues Makroobjektiv an zahlreichen Insekten und Pflanzen aus. Von den Möglichkeiten der Linse bin ich immer mehr begeistert und ich freue mich jetzt schon auf meinen Aufenthalt im Urwald von Borneo.
Zunächst geht es morgen jedoch weiter zu den Vulkanen Bromo und Kawah Ijen im Osten Java, was leider mit vielen langen Stunden Busfahrt verbunden ist. Sofern das Wetter mitspielt, ist es jedoch sicherlich jede Minute wert. Wahrscheinlich werde ich aber erst in ein paar Tagen wieder Internet haben um ein Blog weiter zu schreiben.