Mädchen haben es nicht leicht. Und Dani-Mädchen in Papua schon gar nicht. Jungs dürfen irgendwann mit sechs oder sieben Jahren in der Dorfschule ihren eigenen Penisköcher, den Horim, schnitzen und schlafen fortan bei Papa im Männerhaus, während Mädchen weiter Süßkartoffeln waschen. Ein berechtigter Grund für Penisneid.
Für Männer natürlich ein Anlass ihren Penisköcher mit Stolz zu tragen. Die Dani bevorzugen kleinere Köcher mit gebogener Spitze, die bei der Arbeit nicht so stören. Bei den Lani hat sich ein großer, abgesägter Koteka durchgesetzt, der oben offen ist und Platz für Geld, Tabak und sonstiges Utensilien bietet. Quasi wie eine Handtasche, oder, da es um Männer geht, eher wie ein Handschuhfach.
Das oftmals einzige Kleidungsstück der Papua wächst praktischerweise als Flaschenkürbis im Vorgarten. Beim käuflichen Erwerb, des einen oder anderen standesgemäßen Exemplars, ist mir ein nicht unerheblicher Nachteil dieses Kleidungsstücks aufgefallen: Kakerlaken fühlen sich darin ausgesprochen wohl.
Das dem Anziehen folgende kribbelnde Erlebnis am frühen Morgen, ist vielleicht der Grund warum Männer ihren Horim überhaupt nur selten ablegen.
Mein Tag begann früh – ganz ohne Kribbeln -, als mit dem Ruf der Vögel auch das Leben im Dorf erwachte. Nach dem Frühstück und einer Katzenwäsche am Bach wurden noch ein paar Pflaster geklebt und Ballons verteilt und so kam es, dass beim Aufbruch eine Horde ausgelassener Kinder mit Ballons um uns herum tobt.
Die Nächsten fünf Stunden wandern wir durch die atemberaubende Bergwelt Papuas. Den reißenden Baliem Fluss überqueren wir über die erste schwindelerregende Hängebrücke mit wackeligen Holzbrettern. Itung ermahnt mich stets in der Mitte über dem Tragseil zu laufen. Den Grund sollte ich später erfahren.
Der Pfad erstreckt sich durch zahlreiche kleinere Siedlungen, in denen man stets Händeschütteln begrüßt wird.Männer begrüßen einander mit dem Wort „nayak“ oder der Respektbekundung „wa,wa,wa“, was auch als Dank verwendet werden kann. in den Dörfern und herum sind ständig sind Hinderniswälle zu übersteigen. Sie dienen der Abgrenzung und dazu dass die Schweine nicht zu den Nachbarn verschwinden. Schweine sind hier eine traditionelle Währung, vor allem um Beziehungen zueinander zu knüpfen. Ein Schwein als Geschenk knüpft Freundschaften und ist für Familienangelegenheiten unbedingte Voraussetzung. Der Brautpreis wird ebenfalls in Schweinen ausgehandelt. Fünf Schweine sind ein angemessener Gegenwert den die Familie der Braut erhält.
Am frühen Nachmittag ist das Etappenziel, das Dorf Syokosimo erreicht. Hier wird ebenfalls noch sehr traditionell gelebt, am Fuße der steilen Felder stehen aber mittlerweile einige wellblechgedeckte Häuser und eine Schule. Gegenüber der Schule, im Haus des Lehrers, finde ich Quartier für heute Nacht.
Traditionell leben die Dani, wie auch die Lani und Yali, nach Geschlechtern getrennt. Die Männer leben gemeinsam im Männerhaus, die Frau und Kinder in einer eigenen Hütte. Darüber hinaus gibt es eine Hütte in der gekocht und gegessen wird. Die Männer besuchen die Frau ausschließlich zum Sex in ihrem Hütte. Nach einer Geburt ist Sex ein Tabu für die Frau für etwa zwei bis fünf Jahre. Polygamie ist die Regel. Solange ein Mann genug Schweine hat um den Brautpreis zu zahlen, kann er weitere Frauen heiraten. Wobei auch dies rückläufig ist, schließlich haben sich nach der Entdeckung alle großen Kirchen auf das Tal gestürzt um ja keine Marktanteile auf dem Seelenheilsmarkt zu verschenken. Bevor die Missionare hier eintrafen, waren rituelle Kämpfe mit Todesfolge üblich bei Landfriedensbrüchen, Entführungen von Frauen oder Schweinediebstahl.
Der erste Missionar der sich ins Land der Yali traute, ein gewisser Philippus ist wahrscheinlich nicht einmal dazu gekommen, seine Bibel aufzuschlagen. Er wurde kurzerhand verspeist. Wie ich finde, ein sinnvoller Verwendungszweck für einen Missionar. Das war in den 1950er Jahren. Lani und Dani haben keine ausgeprägte Kannibalismus-Tradition – so erzählen es mir jedenfalls Angehörige der Lani und Dani. Mein Guide Itung erzählt jedoch von einer Expedition ins Korowai-Gebiet im Jahr 2009. Dort wurde ein Stammesmitglied der Asmat auf fremden Boden mit Pfeil und Bogen getötet. Arme und Beine wurden an unterschiedliche Familien verteilt.
Im Dorf Syokosima werde ich indes wieder zum Essen in eine Hütte hereingebeten. Während die Frau noch das Gemüse im Fluss wäscht erzählen die Männer Geschichten. Süßigkeiten und Ballons für die Kinder und zahlreiche Zigaretten brechen mal wieder das Eis.
Die Frau kommt mit den Süßkartoffeln und dem Gemüse zurück und beginnt mit der Zubereitung. Dazu werden heiße Steine aus der Feuerstelle, Bohnen und der nasse Wasserspinat in einen offenen hölzernen Zylinder gegeben. Oben wird dieser nun mit Tüchern verschlossen und das Gemüse gart in zwanzig Minuten durch den entstehenden Dampf.
Die Kartoffeln werden in die Feuerstellenmulde auf einem Bett aus Zweigen und Blättern gelegt, mit Zweigen und heißen Steinen belegt und schließlich mit Heu, Tüchern und Erde abgedeckt. Im Erdofen garen die Süßkartoffeln nun für eine knappe Stunde.
Für die Nacht beziehe ich meinen Schlafplatz auf dem nackten Fußboden des Lehrerhauses und sprühe mich gründlichst mit Moskito-Spay ein. Von diesen Plagegeistern fehlt hier oben zwar jede Spur, aber das was hier sonst alles krabbelt, darf gerne einen Bogen um meinen Schlafsack machen.
Insbesondere die zahlreichen Schwarzen Witwen die ihre schönen Netze unter dem Vordach gespannt haben, dürfen gerne dort bleiben.