Büffeldung

Attapeu – welch klangvoller französischer Name. Was so weltmännisch klingt ist eigentlich eine nicht besonders attraktive Provinzhauptstadt im Dreiländereck Laos, Vietnam und Kambodscha. Und der Name leitet sich auch weniger weltmännisch von „Idkabeu“ ab, dem Khmer-Wort für Büffeldung. Und Büffeldung liegt hier immer noch haufenweise in der Gegend. Leider ist dies auch nicht das Einzige was hier noch haufenweise herumliegt. Die Nähe zum Ho-Chi-Minh Pfad sorgte für eine flächendeckenden Bombadierung und zudem noch mit dem Einsatz des dioxinhaltigen „Agent Orange“ zur Entlaubung, was heute noch für zahlreiche Probleme sorgt. Neben der üblichen Landwirtschaft gibt es hier in der Region auch zahlreiche Töpfer und Ziegel-Herstellung. Ausgerechnet hier die Erde auszugraben um Ziegel zu brennen ist wahrlich riskant. Die Straßen und Sandpisten gelten als gesäubert, aber zum Pinkeln die Straße zu verlassen verbietet sich hier. Ich treffe zufällig ein Bombenräumkommando von Uxo Lao, die einen Bereich direkt neben der Straße säubern und wir kommen in ein holpriges Gespräch über die Arbeit und die Sorgen mit den Cluster-Bomben. Nach ein paar Minuten holt einer der Männer einen der tennisballgroßen Blindgänger, die sie am Morgen geborgen haben und legt ihn vor mir auf die Erde. Da liegt nun dieses unscheinbare Ding, das einst mit fünfhundert anderen gemeinsam in einem Container vom Himmel fiel und sonderlich wohl ist mir bei dem Anblick nicht. Vor allem wurden diese „Bombies“ nicht dazu gebaut, dass man sie entschärfen kann. Sie werden, so wie sie gefunden werden, an einen sicheren Ort transportiert und dann gesprengt. Davon liegen hier noch hunderttausende, sagt er und deutet in Richtung der Felder auf der anderen Straßenseite. Kein Ort, der zum Verweilen einlädt. Ich spendiere der Mannschaft eine große Runde Bier zum noch fernen Feierabend, und verabschiede mich mit großen Respekt vor dieser wichtigen aber heiklen Arbeit.
Die kargen Dörfer am Wegesrand werden hier von fahrenden Händlern aus Vietnam angefahren. Allerlei Haushaltswaren hängen an den voll beladenen Motorrädern und warten auf Käufer. In der Nähe von Ban Paan steht mitten zwischen den Häusern eine alte russische Rakete aus dem Vietnamkrieg, die Zäune bestehen aus den leeren Hälften der Streubombencontainer. Diese Geschichte wird die Menschen noch lange verfolgen. Mein Weg führt mich ein gutes Stück zurück, mal durch Büffelherden hindurch, mal durch Kuhherden, aber noch immer auf asphaltierter Straße. Die Sandpiste, die mich die nächsten Stunden über das Bolaven Plateau ist meine größte Sorge am heutigen Tag. Der Reifendoktor ist mir noch gut im Gedächtnis und eine Panne auf der 70km langen einsamen Piste kann ich nicht gebrauchen. Mit genügend Wasser und einem vollen Tank beginne ich den mühsamen Anstieg zum Plateau durch dichten Dschungel. Dicke Wolken am Himmel verheißen nichts Gutes und ich bete förmlich dafür dass es nicht regnet. Die rote Erde in der zerfurchten Straße verwandelt sich bei Nässe in einen nicht mehr befahrbaren Schlamm. Damit wäre ein weiterkommen fast unmöglich. Zum Glück schaffe ich in zwei Stunden sicher den Anstieg auf die Hochebene mit einigen spektakulären Ausblicken, bevor der Regen sich über den Kaffeeplantagen ergießt und die mittlerweile breitere Staubpiste in eine Rutschbahn verwandelt. In einem Dorf finde ich Unterschlupf bei einer Familie, bis der gröbste Regen vorbei ist.
Wetterfest eingepackt begleitet mich das Wetter die nächsten Stunden auf dem Rückweg nach Pakse. Nach über 550km auf dem Motorrad in den letzten beiden Tagen freue ich mich nun gründlich nass auf eine Dusche und morgen auf die passive Weiterfahrt im Bus nach Hue in Vietnam.

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